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ALWEG-Bahn

1961: Eine ALWEG-Bahn für Frankfurt?

Als Mitte der 1950er Jahren der Autoverkehr in Frankfurt immer mehr zunahm und die Straßenbahnen immer öfters im Stau steckenblieben, begannen Überlegung ein leistungsfähigeres Schienennahverkehrsnetz zu bauen. Ziel war es in der Innenstadt Flächen für den Autoverkehr freizumachen und den ÖPNV reibungsloser abzuwickeln. Da der Stadt ein starkes Wachstum prognostiziert wurde - bis zum Jahr 1990 erwartete man damals eine Einwohnerzahl von 789.000 Menschen zu erreichen - sollte ein leistungsfähiges Netz aufgebaut werden. Welches Nahverkehrssystem dieses Netz befahren solle, ließ man zunächst offen.


Hier sah die Firma ALWEG, gegründet von Dr. Axel Lennart WEnner-Gren, die in Köln Fühlingen ein Einschienenbahnsystem entwickelt hatte, die Chance ihr System in einer deutschen Großstadt zu etablieren. Die ALWEG-Bahn war seit 1952 mit einem Versuchszug im Maßstab 1:2,5 und seit 1957 mit einem "1:1-Zug" getestet worden. Ein zeitgenössischer Bericht beschreibt die Neuerungen der ALWEG-Bahn so: Die Fahrbahn "besteht aus einem Balken aus Stahlbeton oder Stahl mit rechteckigem Querschnitt, 140 cm hoch und 80 cm breit. Auf diesem Balken 'reiten' die Wagen wie auf einem Sattel. Auf der oberen Fläche des Balkens rollen die Tragräder, die das Eigengewicht und die Nutzlast der Wagen aufnehmen, an den Seitenflächen oben Führungsräder und unten Stabilisierungsräder ab." (Einschienenbahn wird Wirklichkeit, in: Hobby -Das Magazin der Technik 5/1957). Der Artikel beschreibt auch die Skepsis deutscher "Stadtväter" eine ALWEG-Bahn einzuführen:"Die Vorsicht kann eben nicht groß genug sein, wenn es um den Stadtsäckel geht. Sollte sich das 'Ding' vielleicht anderswo bewährt haben, dann würde man ja sehen..." Die Firma ALWEG setzte daher viel Hoffnung auf Frankfurt, wo damals die Kraftfahrzeugdichte und die Bürohäuser höher als im Rest der Republik waren.

Zeichnung der Seitenansicht eines zweiteiligen Einschienenbahnzuges, darunter eine Zeichnung eines dreiteiligen Zuges
Für Frankfurt schlugen die Planer der Firma ALWEG zwei- und dreiteilige Züge mit 200 bzw. 300 Plätzen vor, die sich auch zu längeren Zügen kuppeln lassen sollten (Quelle: Gutachten Stadtbahn Frankfurt 1961)

Netzplanungen

So wurde 1959 zunächst ein Netz aus zwei Linien für Frankfurt entwickelt. Nachdem die Stadt Ende 1960 beschlossen hatte, die Systeme ALWEG-Bahn, Tiefbahn (Verlegung der Straßenbahn in der Innenstadt in eine zweite Ebene) und U-Bahn (als unabhängig geführte Voll-U-Bahn) vergleichend untersuchen zu lassen, wurden die Planungen für die ALWEG-Bahn auf ein Netz mit 5 Strecken und 63,12 Kilometern Baulänge erweitert. Folgende Strecken waren vorgesehen:

  1. Stadion Niederrad - Heilsberg (Baulänge 16,20 km, 22 Bahnhöfe)
  2. Höchst - Nordweststadt (Baulänge 18,11 km, 26 Bahnhöfe)
  3. Industriehof - Offenbach (Baulänge 11,03 km, 14 Bahnhöfe)
  4. Rödelheim - Borsigallee (Baulänge: 11,38 km, 19 Bahnhöfe)
  5. Mönchhofstraße - Mainkur (Baulänge 6,40 km, 18 Bahnhöfe)

Der Betriebshof sollte an der Mönchhofstraße angesiedelt sein.

Zeichnung eines Hochbahnhofs mit zwei übereinanderliegenden Bahnsteigen mit zwei sich kreuzenden Einschienenbahnstrecken
So stellten sich die Zeichner der Firma Alweg eine Kreuzungsstation mit zwei übereinanderliegenden Bahnsteigen an der Kreuzung Adalbert-/Schlossstraße vor (Quelle: Gutachten Stadtbahn Frankfurt 1961)

Scheitern des ALWEG-Bahnprojekts in Frankfurt

Anfang des Jahres 1961 herrschte über das künftige städtische Nahverkehrssystem noch Uneinigkeit unter den Frankfurter Parteien. Das Technikmagazin "Hobby" schreibt im Juni 1961: "Während die eine Partei auf den Bau einer Unterpflasterbahn besteht, kontert die andere damit, dass für Frankfurt nur eine Alweg-Bahn in Frage käme, und die dritte Partei wiederum will von beiden Lösungen nichts wissen und klammert sich an das Berliner Vorbild von U- und S-Bahn [...]  Hessens Minister für Wirtschaft und Verkehr, Gotthard Franke, gab denn auch die einzige vernünftige Antwort auf die Frage nach der finanziellen Beteiligung des landes, indem er nämlich zuerst einmal eine klare Gesamtkonzeption forderte."

Im gleichen Artikel mahnt das Technikmagazin "Hobby" die Frankfurter "Stadtväter", dass diese "nicht nur mit Hilfe der Parteirichtschnur, sondern nur mit Reißbrett, Rechenschieber und Statistik" entscheiden sollten. Weiter schreibt das Magazin:"Nicht das billigste und daher dem Bundesbürger sympathischste Verkehrsmittel, sondern das technisch beste, auf längsmögliche Dauer ausgerichtete Projekt solle zur Diskussion gestellt werden. Diese Diskussion aber muss bis zu einer endgültigen Konzeption von Männern geführt werden, die auf den Gebiet spezialisiert sind."  

Als Fachmann beauftragte die Stadt Prof. Dr. Ing. Kurt Leibbrand aus Zürich, der im Juni 1961 das Gutachten "Stadtbahn Frankfurt am Main" vorlegte. Darin werden Netze der nun als Tiefbahn bezeichneten Unterpflasterbahn (also ein Straßenbahnnetz, bei dem die Strecken durch die Innenstadt in den Tunnel verlegt sind), einer Voll-U-Bahn und der Alweg-Bahn miteinander verglichen. Damit sich Strecken der Alweg-Bahn kreuzen können und dort wo der Platz für zwei nebeneinanderliegende Fahrbalken nicht reicht, sind auch die Strecken der Alwegbahn teilweise als Tunnelstrecken projektiert.

Die Alwegbahn und die U-Bahn schneiden bei dem Vergleich gegenüber der Tiefbahn schlechter ab, da die Tiefbahn viel mehr direkte Verbindungen erlaubt. Bei der Alweg-Bahn als auch bei einer U-Bahn müssen mehr als 30% aller Fahrgäste mindestens zweimal umsteigen um zum Ziel zu gelangen, bei der Tiefbahn nur 15,5%. Trotz geringerer Reisegeschwindigkeiten schneidet die Tiefbahn aber bei den Fahrzeiten nicht viel schlechter ab als die Alweg- und die U-Bahn. Dies erklärt das Gutachten damit, dass die meisten Fahrgäste in der Innenstadt befördert werden, wo der Haltestellenabstand bei allen Systemen gleich ist. Fahrzeitgewinne der Alwegbahn in den Außenbezirken wirken sich daher nicht so stark aus bzw. werden durch langsamere Buszubringer und Umsteigezeiten wieder kompensiert. Bei einem Alwegsystem oder einer Voll-U-Bahn hätte beispielsweise in Heddernheim auf die Taunusbahnen nach Oberursel und Bad Homburg umgestiegen werden müssen, anstatt wie heute mit der Stadtbahn durchzufahren. Hauptargument gegen die Alwegbahn und die U-Bahn war aber die Schwierigkeit solche Systeme schrittweise einzuführen und gleich nutzen zu können, ohne parallele Infrastruktur der Straßenbahn vorhalten zu müssen. Zudem wären bei der Einführung eines völlig neuen Systems alle Investitionen in die Straßenbahn als "untergehende Werte" negativ in die Bilanz eingegangen. Diese Bedenken wogen in der damaligen Zeit, als man z.B. am Platz der Republik eine Hochstraße errichtete, wahrscheinlich schwerer als ästhetische Bedenken gegen eine aufgeständerte Trasse.

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